Japanische Küchenmesser
« Was Santoku und Nakiri deutschen Messern voraushaben »
Kaufe ich mir ein Küchenmesser-Set Made in Japan oder Made in Solingen? Eine Glaubensfrage, die Messerenthusiasten seit Jahren beschäftigt. Herstellung, Klingenform, aber auch Gebrauch und Pflege europäischer und japanischer Messer unterscheiden sich gewaltig. Japanische Kochmesser finden jedoch mehr und mehr Anhänger – und das aus guten Gründen.
Japanische Messer und ihre Geschichte
Japanische Kochmesser haben völlig andere Klingen als die europäischen. Das liegt zum einen an den Eigenheiten der japanischen Koch- und Esskultur, aber auch an der Verbindung des Messerschmiedens mit der über 2000 Jahre alten Schwertschmiedekunst. Im 13. Jahrhundert etablierte sich das japanische Lehenswesen mit der Kriegerkaste der Samurai. Zu eben dieser Zeit wurde die Stadt Seki zum Zentrum japanischer Schwerter- und Messermanufakturen. Der Legende nach hat der Schwertmeister Motoshige erkannt, dass hier ideale Bedingungen für das Schmieden von Stahl vorlagen: Eisenerz höchster Qualität, Kiefernwälder zur Gewinnung von Holzkohle und reichliche Wasservorkommen.
Maßgeblich für die Schärfe des sagenhaften Samuraischwertes, das Katana, war die Erfindung des Damaszener Stahls, der bald auch für handgeschmiedete Messer verwendet wurde. Aus der asiatischen Küche, die auf frische, gesunde Zubereitung setzt und dafür wirklich scharfe Messer benötigt, sind japanische Küchenmesser nicht wegzudenken.
Damaszener Stahl
Die Erfindung des Damaszener Stahls soll auf Großmeister Deinbei Shoami zurückgehen. Harter Karbonstahl schneidet ausgezeichnet, ist aber spröde und bricht leicht. Weicher Stahl ist flexibel, aber nicht besonders schnittfest. Der Waffenschmied fand heraus, dass sich die positiven Eigenschaften beider kombinieren lassen, indem man sie aufeinanderschmiedet, faltet, aushämmert, im Feuer verschweißt und diesen Vorgang mehrmals wiederholt. Durch das Falten erhält man zwei, vier, acht, sechszehn, zweiunddreißig Lagen.
Dieser Stahl ist außerordentlich hart, aber gleichzeitig bruchfest und biegsam. Seine typische Maserung sorgt dafür, dass auf diese Weise hergestellte japanische Messer und Schwerter Stück für Stück Unikate sind.
Europäische und japanische Küchenmesser und die Unterschiede
Die Grundform europäischer Messer wird aus Stahlplatten herausgestanzt und in Form geschliffen. Der im Querschnitt u-förmige Schliff macht solche Kochmesser sehr robust und unempfindlich gegen falsche Handhabung. Geschnitten wird mit einem hierzulande üblichen Küchenmesser mit wiegenden und ziehenden Bewegungen.
Das Schärfen erfolgt am besten mit dem Wetzstahl. Europäische Kochmesser kommen auf eine Härte von 55 bis 60 Grad Rockwell, wohingegen japanische Küchenmesser bis zu 62 Grad Rockwell erreichen. Der Schliff ist hier eher v-förmig. Dadurch werden diese Küchenmesser unglaublich scharf, sodass man mit ihnen wesentlich gerader und glatter schneiden kann. Diese Schärfe garantiert, dass man mit ihnen ziehend, aber auch mit einer Bewegung von oben nach unten ähnlich wie beim Hacken zu schneiden vermag. Das Schneidgut kann so problemlos sehr fein zerteilt werden, ohne dass es gequetscht wird.
Auf diese Weise bleiben die Aromen optimal erhalten.
Einen weiterer unschlagbarer Vorteil: Durch ständigen Gebrauch und das Schleifen am Wasserstein kann der Schliff weiter wachsen. Das heißt, bei richtiger Pflege werden japanische Küchenmesser sogar noch schärfer und standfester.
Japanische Kochmesser und ihre Besonderheiten
Gute Damastmesser aus Japan sind eine Investition fürs Leben. Typisch sind Griffe aus dem Ho-Holz der Graumagnolie, das auch dann für gute Haptik sorgt, wenn der Griff nass ist. Die Klingen sind in vielen, dem jeweiligen Zweck angepassten Varianten erhältlich. Griff und Klinge sind sehr gut ausbalanciert, so dass man damit über längere Zeiträume ermüdungsfrei arbeiten kann. Darüber hinaus spielt die Ästhetik, wie bei so vielen Gebrauchsgegenständen, in Japan eine große Rolle. Form follows function hat dort eine jahrhundertealte Tradition.
Santokumesser: Die Allzweckwaffe
Die Einsatzorte für das Santokumesser sind am ehesten mit denen des europäischen Kochmessers zu vergleichen. Der Name dieses Universalmessers bedeutet drei Tugenden. Damit ist seine Eignung für das Schneiden von Fisch, Fleisch und Gemüse gemeint, aber auch Kräuter lassen sich sehr gut zerkleinern. Griff und Oberkante der Klinge liegen auf einer Linie, dafür steht die Klinge unterhalb weit vor, sodass für die Finger reichlich Platz bleibt. Die Klinge ist hoch und breit, dafür aber ausgesprochen dünn, was das Santokumesser relativ leicht macht. Durch die breite Klinge ist es auch als Palette nutzbar, mit der man das Geschnittene gleich aufnehmen und in den Wok befördern kann.
Nakiri: Der Gemüsespezialist
Nakiri bedeutet Gemüseschneider. Es hat eine beilförmige Klinge mit breitem Blatt und gerade verlaufender Schneide, die Spitze ist abgeflacht. Dadurch ist es bestens zum Schneiden von Gemüse geeignet und kann wie das Santokumesser auch als Palette verwendet werden. Der Anschliff ist beidseitig, was das Nakiri vom einseitig geschliffenen Usuba unterscheidet. Da die Klinge sehr dünn und fein ist, sollte man der Versuchung widerstehen, es wegen seiner Beilform zum Hacken zu verwenden. Für diesen Zweck gibt es das Deba.
Deba: Das Hackmesser
Das Deba ist das japanische Messer, mit dem vorwiegend Fisch und Fleisch zerlegt werden. Der Name bedeutet vorstehende Klinge. Im Gegensatz zum Nakiri hat es eine kräftige, bis zu sechs Millimeter dicke Klinge, sodass es auch zum Hacken verwendet werden kann. Trotzdem sollte man es nicht wie ein Beil schlagend einsetzen, sondern die Klinge mit dem Handballen durch das Schneidgut drücken oder mit der Hand auf den Messerrücken hauen. Die einseitig geschliffene Schneide und der Klingenrücken sind bei diesem Kochmesser leicht abgerundet. Der schmale vordere Teil wird vor allem zum Filetieren von Fisch verwendet, der kräftigere hintere Teil ist zum Zerteilen von Geflügelknochen und Fischgräten geeignet.
Yanagiba: Für Sushi und Sashimi
Das traditionelle japanische Küchenmesser zum feinen Schneiden von Fisch ist die Weidenblattklinge, das Yanagiba. Ähnlich wie die europäischen Filetiermesser hat es eine schmale, lange und dünne Klinge, die spitz zuläuft. Diese ist jedoch nur einseitig geschliffen und hat einen breiteren Rücken. Daher eignet sie sich besonders zum Schneiden von hauchdünnen Scheiben etwa für Sushi und Sashimi.
Der Messerspezialist Kai und seine Kai Shun-Serie
Die beschriebenen Klingenformen und etliche andere findet man auch in Kai Shun Messern des renommierten Messerherstellers Kai. Diese Firma wurde 1908 als Familienunternehmen in Seki, der Hochburg der japanischen Schmiedekunst, gegründet. Zu dieser Zeit öffnete sich das Land der aufgehenden Sonne dem Westen, und japanische Messer kamen nach Europa.
Schon bald wurden für diesen neuen Markt in Seki innovative Küchenmesser entwickelt. Messer der Marke Kai genießen dabei wegen ihrer außerordentlichen Qualität weltweit einen guten Ruf.
Kai Shun ist eine Küchenmesser-Serie, deren Damastmesser die weltweit größte Auswahl an verschiedenen Klingenformen bietet.
Messer aus der Kai Shun-Serie gibt es in dreißig Varianten, sodass man für jeden Zweck ein geeignetes Küchenmesser-Set zusammenstellen kann.
Für diese Kochmesser wurde eigens ein rostfreier und korrosionsbeständiger Damaszener Stahl entwickelt, der 1 % Kohlenstoff und 1,5 % Kobalt enthält und eine Härte von 61 Grad Rockwell erreicht. Zusammen mit VG-10-Stahl werden daraus Damastmesser mit 32 Lagen hergestellt, die in ihrer Qualität und Schnitthaltigkeit ihresgleichen suchen.